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Schlafwandel (Somnambulismus)

Vielleicht hast du schonmal in Filmen gesehen, wie Schlafwandler aus dem Bett aufstehen und mit ausgestreckten Armen umherwandern. Oft balancieren sie auch auf dem Dach und drohen runterzustürzen. Was genau Schlafwandeln ist und wie gefährlich es sein kann, erfährst Du in diesem Artikel.

Das wichtigste im Überblick

  • Beim Schlafwandeln können die Betroffenen Tätigkeiten ausführen, als ob sie wach wären.
  • Das Schlafwandeln ist eine Parasomnie.
  • Das Alter und die Genetik spielen eine wichtige Rolle beim Auftreten von Schlafwandeln.
  • Verschreibungspflichtige Arzneimittel werden nur in seltenen Fällen verordnet. Stattdessen wird auf Psychotherapie zurückgegriffen und Triggerfaktoren reduziert.
  • Vor dem Einschlafen sollte die Umgebung gesichert werden, um Verletzungen zu vermeiden.

Schlafwandeln: Was ist das?

Das Schlafwandeln ist eine Schlafstörung, bei der sich eine Person im Schlaf aufrichtet, umherläuft und sogar Handlungen verrichten kann. Dabei schläft der Betroffene weiter und wacht nicht auf. Am nächsten Morgen können sie sich in der Regel nicht mehr an die Ereignisse erinnern. Das Schlafwandeln gehört zu den Non-REM-Parasomnien, worunter man krankhafte Verhaltensweisen versteht, welche den Schlaf negativ beeinflussen. Zu dieser Kategorie gehören z.B. auch Schlafparalysen und Albträume.

Unterscheidet sich Somnambulismus von Schlafwandeln?

Der medizinische Begriff für das Schlafwandeln lautet Somnambulismus, also gibt es hier keinen Unterschied zwischen den Begriffen. Das Wort leitet sich von dem Lateinischen ab, wobei ,,somnus“ ,,Schlaf“ bedeutet und ,,ambulare“ für ,,umhergehen“ steht.

Was geschieht beim Somnambulismus?

Während des Schlafwandeln kann es zu einer Abfolge von mehreren Ereignissen kommen. Beispielsweise kann es so beginnen, dass die Betroffenen die Augen öffnen und aus dem Bett aufstehen. Nun können sie gehen, rennen und Tätigkeiten verrichten (z.B. Schubladen öffnen), als ob sie wach wären. Da die Betroffenen jedoch geistig nicht wach ist, erinnern sie sich in der Regel am nächsten Morgen nicht mehr an die Ereignisse.

Was passiert dabei im Körper?

Wie genau es zum Schlafwandeln kommt, ist noch nicht sicher geklärt. Man weiß, dass der Somnambulismus während des Non-REM-Tiefschlafs bzw. slow wave sleeps auftritt, wobei dies meistens in dem ersten Drittel des Nachtschlafs passiert. Im EEG konnte man außerdem eine Dysbalance zwischen den verschiedenen Gehirnarealen feststellen. Dabei wacht im Grunde das motorische System auf, während das Bewusstsein weiterschläft. Das Gleiche gilt für den Hippocampus, welches für die Gedächtnisbildung wichtig ist. So kann erklärt werden, wieso sich die Betroffenen nicht mehr an die Episoden erinnern.

Schlafwandeln: Ursachen, Symptomatik und Auswirkungen?

Es gibt verschiedene mögliche Ursachen und Symptome fürs Schlafwandeln, die sich individuell unterscheiden. Zudem können die Auswirkungen gefährlicher werden, als Du denkst.

Ursachen

Die genaue Ursache des Schlafwandeln ist noch nicht bekannt. Man vermutet, dass beispielsweise Stress, psychische Belastungen und Schlafmangel zu häufigerem Schlafwandeln führen. Jedoch deutet eine genetische Veranlagung am stärksten darauf hin, Schlafwandeln auszulösen. Darauf deutet die Erkenntnis hin, dass Schlafwandeln im Gegensatz zur allgemeinen Bevölkerung bei Verwandten ersten Grades des Betroffenen zehn mal häufiger auftritt.

Die genetische Veranlagung konnte auch in der Studie „Novel genetic findings in an extended family pedigree with sleepwalking“ aus dem Jahr 2011 gezeigt werden, bei der von verschiedenen Familien einer einzigen Großfamilie Speichelproben entnommen wurden und die DNA untersucht wurde. Bei den Familien wurde das Schlafwandeln als autosomal-dominanter Erbgang mit verminderter Penetranz vererbt. Das verantwortliche Chromomom ist das 20q12-q13.12.¹

Kinder sind häufiger vom Schlafwandeln betroffen als Erwachsene. Mit zunehmenden Alter nimmt das Schlafwandeln ab, bis es zur Pubertät meist garnicht mehr auftritt.

Schlafwandler

Zudem können folgende Faktoren das Schlafwandeln triggern:

  • Schlafmangel
  • Fieber
  • Schmerzen
  • starker Harndrang
  • Stress
  • Alkoholkonsum
  • Medikamenteneinnahme
  • obstruktive Schlafapnoe
  • Restless-Legs-Syndrom
  • gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD)

Symptomatik

Während des Schlafwandeln führen die Betroffenen eine Reihe von Handlungen aus. Dabei dauern die Episoden meist nur einige Minuten, können aber auch länger andauern. Folgende Symptome sind typisch für das Schlafwandeln.

  • Im Bett aufrichten
  • geöffnete Augen und glasiger Ausdruck
  • Bewegungen mit dem Kiefer
  • Aus dem Bett aufstehen und umherlaufen
  • Verrichten von normalen Tätigkeiten z.B. essen
  • keine Antwort auf Ansprache
  • Schreien
  • nach dem Aufwachen sind die Betroffenen meist desorientiert
  • keine Erinnerungen am nächsten Morgen

Auswirkungen

Das Schlafwandeln kann auch gefährlich werden, da die Betroffenen ein vermindertes Bewusstsein haben. Außerdem haben sie eine verringerte Schmerzwahrnehmung, was Gefahren mit sich bringt.

So stellen beispielsweise Möbel und Treppen eine Verletzungsgefahr dar, weswegen diese vor dem Schlafengehen gesichert werden sollten. Zudem kann es vorkommen, dass sie etwas Giftiges während des Schlafwandeln zu sich nehmen.

Nicht nur die Betroffenen leiden unter dem Schlafwandeln, sondern auch die Personen in ihrer Umgebung. Deren Schlaf kann nämlich gestört werden und seltener tritt es auf, dass diese verletzt werden.

Des Weiteren  kann es bei häufigerem Auftreten zur Tagesmüdigkeit kommen, wodurch die Betroffenen unter Erschöpfung und Unruhe leiden.

Welche Rolle spielt der Mond bei Schlafwandler?

Das Schlafwandeln wurde auch als Mondsüchtigkeit (Lunatismus) bezeichnet. Dies liegt daran, dass sich Schlafwandler einer Lichtquelle zukehren, was zur Orientierung dienen sollen. Nun war es früher so, dass der Mond die einzige Lichtquelle war und sich die Betroffenen deswegen dem Mond zuwandten

Schlafwandler

Was hilft gegen Schlafwandeln?

Inwiefern Du Schlafwandeln behandeln kannst, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Ist es nämlich genetisch bedingt, kann man das Schlafwandeln schwer verhindern. Was man aber tun kann, sind die Faktoren, welche das Schlafwandeln triggern, zu vermindern. Dazu gehören z.B.:

  • gute Schlafhygiene, um Schlafmangel entgegenzuwirken
  • Entspannung, um den Stress zu senken
  • Fieber und Schmerzen vor dem Schlafengehen senken (z.B. mit Paracetamol)
  • ruhige Schlafumgebung
  • kein Körperkontakt
  • Alkoholkonsum vermeiden

Eine medikamentöse Behandlung ist selten notwendig. Dies wird durch einen Arzt nur bei bei schweren Fällen verordnet. Stattdessen wird häufig auf Psychotherapie zurückgegriffen, damit vor allem Erwachsene mit dem Problem besser zurechtkommen.

Tritt das Schlafwandeln zum ersten Mal im Erwachsenenalter auf, sollte gegebenenfalls ein Arzt aufgesucht werden, da es auf bestimmte Erkrankungen hindeuten kann. Auch wenn das Schlafwandeln zu psychischen Belastungen führt oder gefährliche Situationen auftreten, ist ein Besuch beim Arzt sinnvoll.

Da es zu gefährlichen Situationen während des Schlafwandelns kommen kann, können folgende Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden:

  • Schließen der Fenster und Türen und gegebenenfalls der Fensterläden
  • spitze Gegenstände im Raum sichern (z.B. abdecken)
  • Dinge, die umkippen könnten, aus dem Raum entfernen (z.B. Gläser, Vasen)
  • beim Hochbett im unteren Bett schlafen
  • Hausschlüssel an einem sicheren Ort aufbewahren
  • eine Glocke an der Tür anbringen (Signal, wenn der Schlafwandler sein Zimmer verlässt)

Welche Medikamente gibt es?

In seltenen schweren Fällen werden vom Arzt verschreibungspflichtige Arzneimittel verordnet. Dabei gibt es keines, welches speziell gegen Schlafwandeln entwickelt wurde. Jedoch haben sich unter anderem Medikamente als vorteilhaft erwiesen, welche den Tiefschlaf reduzieren.

Außerdem zeigen Arzneimittel einen Nutzen, welche das GABA-System stimulieren. Beispiele hierfür sind Clonazepam oder Gabapentin, welche eine Stunde vor dem Schlafengehen eingenommen werden. Bei GABA handelt es sich um einen Neurotransmitter, welcher hemmend auf die Nervenzellen wirkt, wodurch erregbare Reize verlangsamt werden. So wirkt GABA beruhigend und entspannend.

Zudem werden auch Serotoninwiederaufnahmehemmer genutzt, welche eigentlich zur Behandlung bei Depressionen verschrieben werden.

Die medikamentöse Behandlung beruht auf Arzneimittel, welche nicht speziell gegen Schlafwandeln entwickelt wurden. Aus diesem Grund müssen die Folgen mit dem Arzt abgeklärt werden.

Schlafwandler nicht aufwecken!

Da sich die Schlafwandler noch im Tiefschlaf befinden, sollten diese auf keinen Fall geweckt werden. Wenn dies doch passiert, sind die Betroffenen verwirrt, erschrecken sich und reagieren meist aggressiv, wodurch sie sich selbst und die Person, die den Schlafwandler weckt, verletzen können. Aus diesem Grund sollte lieber versucht werden, den Schlafwandler vorsichtig zurück zum Bett zu führen. Dabei sollte der Schlafwandler nicht festgehalten werden und leise gesprochen werden.

Wohin kann ich mich als Schlafwandler wenden?

Wenn das Schlafwandeln zu einem größeren Problem wird, solltest Du einen Arzt aufsuchen. Dabei kannst Du Dich in erster Linie an Deinen Hausarzt wenden (bei Kindern an einen Kinderarzt). Dieser kann dann eine Überweisung zum passenden Facharzt vornehmen z.B. Neurologe, Psychiater oder Schlafmediziner.

Schlafwandeln: Wer bezahlt die entstandenen Therapiekosten?

Die Kosten für die Diagnose und notwendige Therapiemaßnahmen werden von dem zuständigen Sozialversicherungsträger getragen. Jedoch gibt es bestimmte Leistungen, welche selbst gezahlt werden müssen. Bei genaueren Nachfragen kannst Du Deinen Sozialversicherungsträger kontaktieren.
Quellen

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